8. Kainbogen


Foto Bergverein Kallmünz e.V., Kainbogen, links Eingang zur Schule, 1930

Zurück auf der Vilsgasse blicken wir Richtung Kainbogen. Links von uns ist das Raitenbucher Schloss. In dem Gebäude am Kainbogen war bis 1806 die Schule untergebracht, bevor sie ins größere Gebäude daneben umgezogen ist.

Kandinsky und Gabriele Münter scheinen eine besondere Vorliebe für dieses Motiv gehabt zu haben. Zeichungen, Ölskizzzen und ein Holzschnitt mit diesem Motiv sind bekannt. Die beiden stehen nebeneinander und malen die gleiche Situation. Kandinsky wird manchmal als der lernende Lehrer beschrieben. In Kallmünz inspirieren sich Münter und Kandinsky gegenseitig. Er scheint Defizite beim Zeichnen zu haben, da ist Münter besser ausgebildet. Kandinsky kann ihr aber den schnellen Umgang mit Farbe beibringen.


Wassily Kandinsky, Kainbogen, Öl auf Malerpappe 32,4 x 23,3 cm

Gabriele Münter, Kainbogen, Öl auf Leinwandkarton 25 x 16,5 cm, © VG Bildkunst Bonn

Münters Darstellung ist von einem impulsiven, pastosen Farbauftrag geprägt. Die dick aufgetragene Farbe und der energische Pinselduktus verleihen der Szene eine beinahe plastische Wirkung und betonen den unmittelbaren Eindruck des Gesehenen.

Kandinsky hingegen arbeitet ruhiger und klarer strukturiert. Trotz ebenfalls pastoser Technik wirkt sein Bild harmonischer und stärker geordnet. Die Architektur tritt deutlicher hervor, und die Farbigkeit erscheint gedämpfter und atmosphärischer.

Der Vergleich macht deutlich, wie unterschiedlich Münter und Kandinsky denselben Ort wahrnahmen: Münter mit unmittelbarer Sinnlichkeit und haptischer Präsenz, Kandinsky mit einer stärker strukturellen, atmosphärischen Auffassung. Beide Werke markieren zugleich eine frühe Phase ihrer künstlerischen Entwicklung – kurz vor den Umbrüchen, die wenige Jahre später zum Expressionismus führen sollten.

Wassily Kandinsky, Kainbogen, Bleistiftskizze, ca. 15 x 21 cm

Gabriele Münter, Kainbogen, Bleistiftzeichnung, ca 25 x 35 cm, © VG Bildkunst Bonn

Auch die beiden Zeichnugen zeigen zwei künstlerische Strategien: Kandinskys abstrahierende, auf das Wesentliche reduzierte Formfindung und Münters genaue, an der Realität orientierte Erfassung des Ortes – ein frühes Zeugnis der individuellen Handschriften, die sich in ihren späteren Werken weiter differenzieren.

Wassily Kandinsky reduziert die Architektur auf wenige, knappe Linien. Seine Skizze dient erkennbar als rascher, konzeptioneller Notat: Perspektive, Formen und Proportionen werden nur angedeutet. Der Schwerpunkt liegt auf der kompositorischen Anlage des Motivs – ein Gerüst, das später in der Malerei weitergeführt wird.

Gabriele Münter arbeitet dagegen mit größerer Sorgfalt und Detailgenauigkeit. Ihre Zeichnung beschreibt den Straßenraum, die Gebäudestrukturen und die räumliche Tiefe wesentlich präziser. Münter nutzt die Zeichnung als unmittelbare Studie; sie hält architektonische Besonderheiten und Lichtwirkungen mit feinem Strich fest.


Georg Mayer-Franken, Kainbogen, ca. 1910, Pastellkreide, 23,5 x 16 cm

In das Raitenbucher Schloss wurden nach dem Neubau der Schule Wohnungen mit sehr einfachem Standard eingebaut.Es stand lange Zeit leer. Schließlich kaufte und renovierte die Familie Luber das Gebäude preiswürdig. Heute behebergt es ein feines Boutique-Hotel.


Birgit Stern, Kainbogen, Acryl auf Malerpappe, 30 x 24 cm


Die Deggendorfer Künsterlin Birgit Stern ist eine der wenigen Künstlerinnen, die sich für das Motiv interessieren und zeitgenössisch umsetzen.

Wir gehen weiter zur durch den Kainbogen zum
9. Kirche und zum Kirchplatz

 

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