4. Vilsgasse
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Foto: Bergverein Kallmünz, Sperlhaus in der Vilsgasse, ca.1920
Das Vilstal macht hier eine Kurve um den Schlossberg, so dass man wegen der Felsen hier die Kirchenglocken nicht hören kann. Damit auch die Vilsgässler wissen, wann es Zeit für die Messe ist, bestellten sie einen Laufburschen, der am Morgen durch die Gasse lief und rief: „In d’Kircha läut ma!“ Für seine Tätigkeit bekam er monatlich eine kleine Geldgabe. Der Laufbursche wurde 1891 durch eine Glocke am Sperlhaus ersetzt, die erst per Hand, später elektrisch geläutet wurde. So wusste man auch immer in der Vilsgasse, was die Uhr geschlagen hat.
Das Sperlhaus mit der dekorativen Fassade beherbergte eine Wagnerei, eine Metzgerei und eine Gastwirtschaft, das „Schwarze Rößl“.
Das heruntergekommene Bürgerhaus wurde von dem Professor für Kunstpädagogik in Regensburg Hermann Leber 1987/88 renoviert und saniert. Einige der Bronzeskulpturen, die wir unterwegs sehen, haben er und seine Studenten geschaffen und der Marktgemeinde überlassen.
Sepp Hetzenecker, Vilsgasse, Aquarell, 20 x 30 cm
Der Regensburger Maler Josef Hetzenecker zeigt die Vilsgasse in Kallmünz aus westlicher Blickrichtung. Links erhebt sich der mächtige Felsen, an dessen Fuß sich die Häuser eng aneinanderreihen. Im Zentrum der Komposition steht eine große Linde, hinter der das hellgrüne Gebäude der „Roten Amsel“ zu erkennen ist. Mit sicherem Farbgefühl und lockerer Aquarelltechnik gestaltet Hetzenecker eine lebendige, lichtdurchflutete Ortsansicht, die den Charakter des alten Kallmünz eindrucksvoll einfängt.
Josef Hetzenecker wurde 1903 Parkstein bei Weiden geboren. Joesef Hetzenecker ist den älteren Kallmünzern noch als Lehrer an der Volksschule in Erinnerung. Seine Ausbildung als Maler erhielt er bei dem immer wieder in Kallmünz weilenden Constantin Gerhardinger und dem Kunstmaler Frankl.
Später unterrichtete er am Polytechnikum in Regensburg Freihandzeichnen, Schriftgestaltung und Stilkunde und an der Städtischen Berufsschule Regensburg, Graphik, Schriftzeichnen, Technisches Zeichnen

Hans Laßleben, Vilsgasse, Aquarell, ca. 30 x 20 cm
Hans Lassleben wurde 1908 in Kallmünz geboren und entstammte der dort ansässigen Verlegerfamilie Lassleben. Sein Studium, das ihn zum Zeichenlehrer qualifizierte, absolvierte er an der technischen Hochschule in München. Neben seiner Lehrertätigkeit widmete er sich intensiv der Malerei und hielt in Aquarellen und Zeichnungen die Ansichten seines Heimatortes fest. Hans Lassleben fiel 1941 an der Ostfront. Es versteht sich von selbst, dass er seinen Heimatort immer wieder gezeichnet hat. Seine Heimat Oberpfalz zeichnete er auf vielen Wanderungen und Fahrten durch das Land. Von früher Jugend an galt sein Interesse der Heimat und der Heimatforschung.
Das Aquarell zeigt die enge Vilsgasse in Kallmünz mit ihren giebelständigen Bürgerhäusern, die sich malerisch an den Felsen des Vilsufers schmiegen. In zarten, fein abgestimmten Farbtönen und klarer Linienführung gestaltet Hans Lassleben eine ruhige, harmonische Ansicht des historischen Ortskerns. Die transparente Farbgebung und die sanfte Lichtstimmung verleihen der Szene eine heitere, beinahe poetische Atmosphäre.
Ludwig Geistreister, Vilsgasse, 15.6.45, Öl auf Karton, 24,5 x 30,5 cm
Wie viele Regensburger Maler zog es auch Ludwig Geistreiter, den Onkel von Hans Geistreiter immer wieder nach Kallmünz, wo er auch Kollegen aus München treffen konnte. Er bemalte, wie schon Kandinsky, kleine Formate, Kartons, die leicht zu transportieren waren und auch schnell fertig gestellt werden konnten.
In diesem kleinen Gemälde zeigt er die Vilsgasse in Kallmünz mit ihren charakteristischen Giebelhäusern, überragt vom steilen Felsen. Im Mittelpunkt steht das markante, hellgrüne Gebäude der „Roten Amsel“. Mit schnellem Pinselstrich und kräftigen, warmen Farbtönen gestaltet Geistreiter eine lebendige, rhythmisch aufgebaute Straßenszene. Ludwig Geistreiter war ein begeisterterLandschaftsmaler. Seine Motive fand er in den Alpen und im Raum Regensburg natürlich in Kallmünz. Die meisten Bilder und Studien wurden beim Bombenangriff auf die in Regensburg am 17.August 1943 zerstört. Der hier gezeigten Arbeit sieht man noch die Kriegsschäden an.
Wassily Kandinsky hat von hier gleich zwei Bilder gemalt mit einen Blick in Richtung Engstelle der Vilsgasse.
Wassily Kandinsky, Vilsgasse, 1903, Öl auf Malerkarton, 24 x 33 cm
Das Gemälde zeigt die Vilsgasse in Kallmünz in kräftigen, leuchtenden Farben, mit einer dichten, pastosen Malweise und betonter Struktur. Kandinsky fängt die südlich-warme Lichtstimmung des bayerischen Ortes ein und verwandelt sie in ein vibrierendes Farbspiel. Die Komposition führt den Blick entlang der Häuserzeile nach hinten, wo sich die Straße leicht krümmt. Der Farbauftrag ist energisch, die Konturen beginnen sich im Licht aufzulösen – ein frühes Anzeichen seiner Suche nach malerischer Autonomie der Farbe.
Wassily Kandinsky, Vilsgasse mit Kirchgänger, 1903, Öl auf Malerkarton, 24 x 33 cm
In dieser Variante desselben Motivs zeigt Kandinsky die Vilsgasse mit mehreren Figuren im Vordergrund, darunter einen Mann in dunklem Anzug und Zylinder. Das Kolorit ist dunkler und kontrastreicher, der Pinselduktus noch kraftvoller und teils pastos reliefartig. Die Szene wirkt belebter, die Farbflächen dichter verschränkt. Hier tritt der expressive Charakter stärker hervor, während die topografische Genauigkeit zugunsten der malerischen Wirkung zurücktritt.
Beide Werke entstanden während Kandinskys Aufenthalts in Kallmünz im Sommer 1903, gemeinsam mit Gabriele Münter. In dieser Phase näherte er sich zunehmend der Auflösung der Form durch Farbe und Pinselbewegung – ein entscheidender Schritt auf seinem Weg zur Abstraktion.
Die hellere, klarer strukturierte Ansicht (erstes Bild oben) betont Licht und Architektur, während die dunklere, figurenreiche Fassung (zweites Bild) stärker emotional und expressiv wirkt und den Alltag einfängt.

Fritz Bayerlein, Mondnacht in Kallmünz, Öl auf Malerplatte, ca. 1935, 70 x 50 cm
Wir schauen jetzt zum
5. Haus ohne Dach


