3. Rote Amsel

Die Wirtsfamilie von der Roten Amsel, Foto Charles Palmé
Am 27. Februar hatte sich Professor Charles Palmié mit seiner Gruppe hier ins Fremdenbuch eingetragen. Zur Erinnerung: es ist Februar, vermutlich kalt und nebelig, keine Heizung, in den Zimmern wahrscheinlich Einzelöfen, die mit Holz geheizt werden mussten. Kein elekrischer Strom, kein fließendes Wasser, dennoch waren die Künstler von Kallmünz der Unterkunft so angetan, dass sie wieder gekommen sind. Hier die Gästeliste: Beachtenswert: Die Frau von Charles Palmie war als Blumenmalerin, also als Künstlerin schon vor Palmié bekannt geworden. 1886 hatten sie geheiratet. Hier wird sie als "Frau Charles Palmié" geführt, auch ihre beiden Kinder sind dabei. Einigen der Maler begegnen wir auf unserem Weg durch Kallmünz.
Am 19. März 1903 schrieb der Münchner Stadtanzeiger: „Ein reizendes Stückchen Erde in unserem bayerischen Heimatland haben Münchner Künstler entdeckt. Und durch die Gründung eines eigenen traulichen Heims, einer angenehmen, künstlerisch gestalteten Wirtschaft allen Freunden der Natur und altertümlichen Städtewesens erschlossen. Der Ort, von dem hier die Rede ist, ist Kallmünz an der Naab, das mit Recht die Perle des Naabtals genannt wird... Ein Besuch dieses entzückenden Nestes kann angelegentlich empfohlen werden.
Das Heim, das sich die Künstler dort (in Kallmünz) eingerichtet haben, ist der Gasthof zur Roten Amsel, den eine Anzahl von Münchner Künstlern sowohl äußerlich als namentlich im Innern aufs reizvollste ausgestattet haben, so dass er das eigene Heim nicht vermissen lässt. Die Herren, die diese idyllische Klause geschaffen und ausgeschmückt haben sind: Professor Palmié, Adalbert Niemeyer, Richard von Falkenberg, Robert Engels und Ernst Stern.“
Im Sommer 1903 sitzt eine illustre Gesellschaft am Tisch der Roten Amsel. Vorne links Charles Palmié, auf der rechten Seite vorne Kandinsky, daneben Gabriele Münter. Die Postakrte hatte Palmié an seine Studentin Ida Hacke geschrieben."Mit besten Grüßen von Haus zu Haus."
Im Fremdenbuch der Roten Amsel sind mehr als 80 Maler aufgeführt. Es scheint, dass es nach dem 2. Weltkrieg nur noch sporadische Einträge gegeben hat. Auch vorher sind nicht alle Gäste verzeichnet, Wassiliy Kandinsky mit seiner Malschule Phalanx fehlt zum Beispiel.
Dass er aber hier gewohnt hat ist zweifelsfrei. Auch die Bilder von ihm und Gebriele Münter mit dem Garten der Roten Amsel verweisen darauf.
Wassily Kandinsky malt Ella neben der Roten Amsel vor ihrer Staffelei. Die Bildmitte bilden die beiden Steinsäulen, das markante Merkmal des neu angelegten Biergartens. Sie sind auch heute noch am Originalschauplatz zu sehen. Aus den kleinen Bäumen auf der rechten Bildseite sind mittlerweile riesige Kastanienbäume geworden. Ella platziert er im langen blauen Kleid vorne, links von der Bildmitte. Sie wendet dem Betrachter den Rücken zu. Das Bild zeigt was die Maler interessiert: der Garten, die Architektur, die Häuser mit den dunklen Dächern im Hintergrund. Über die Treppe, auf der ein Huhn sitzt, wandert der Blick und haftet an den Säulen im Biergarten. Kandinsky geht es vor allem um die Farbkomposition. In pastosem Farbauftrag malt er die Szenerie in erdigen Farben mit einem roten Akzent, dem Kleiderkragen der Münter, der sich im Kamm des Huhnes wiederholt.
„Der Gesamteindruck zeugt von Kraft und Leidenschaft“, kommentierte Johannes Eichner, der spätere lebensgefährte von Gabriele Münter dieses Bild.
Auch Münter malt den Biergarten.
Nun gehen wir den Vilsgasse nach Westen und werfen vom Vilstal aus ein paar Malerblicke auf den Ort und die Burg.
Stationen unseres Weges
3. Vilsgasse 31
4. Rote Amsel
5. Haus ohne Dach
6. Gasthof zur Post